Vertriebscontrolling heißt NICHT nur Kennzahlen! Auch in der Personalvermittlung.
Vor einer Weile hatte ich eine kurze Kooperation mit dem Recruiter Mark Lampe in Hannover. Wir kamen ins Gespräch über eine vergangene Tätigkeit von ihm als Niederlassungsleiter einer Personalvermittlung.
Dabei fiel mir auf, dass er exakt das umsetzte, was ich als Controlling definiert habe: Gute Fragen an das Unternehmen stellen und mit den Antworten produktiv umgehen.
Besonders interessant fand ich dabei, dass in seiner Erfolgsgeschichte überhaupt keine Kennzahlen vorkamen und keine bunten Diagramme. Es ging tatsächlich nur um sinnvolles unternehmerisches Denken, um das Verstehen von Geschäftsprozessen und eine entsprechend angepasst entwickelte Strategie.
AM: Mark, was genau war damals Euer Business?
ML: Wir haben hauptsächlich Personal in lang laufende Projekte vermittelt, insbesondere IT, Ingenieure, Techniker.
AM: Bei den meisten Unternehmen werden ja nur die abgeschlossenen Verkäufe erfasst, dann werden daraus bunte Tabellen und Grafiken erstellt, und viele glauben, das sei Vertriebscontrolling. War das bei Euch auch so?
ML: Zunächst ja, nur ohne die bunten Tabellen und Grafiken.
AM: Wie – was – keine bunten Tabellen und Grafiken ??? Oh WEH !!!
ML: Darauf kommt es ja nicht an.
AM: Nein, überhaupt nicht. Aber viele Leute glauben, Controlling seien bunte Excels.Ich sage ja, wichtig ist, sich gute Fragen über das Unternehmen zu stellen und mit den Antworten konstruktiv umzugehen.
ML: Ich hoffe, das habe ich getan. Ich bin dann als Niederlassungsleiter dazu übergegangen, den Prozess des Verkaufens genauer zu betrachten und mich zu fragen, wie wir langfristig einen sinnvollen Vertriebsprozess aufbauen,
Bei der Personalvermittlung baut man ein solides Geschäft auf, wenn man auf der einen Seite klare Anfragen von Kundenunternehmen hat, mit klar definierten Anforderungen und Budgets, auf der anderen Seite qualifizierte Kandidaten, die wirklich passen.
Die Problematik, die ich damals erkannt habe, entstand durch zwei Engpässe: Zum Einen wurden keine soliden, dauerhaften Kundenbeziehungen aufgebaut, weil die Vertriebler alle paar Monate ausgetauscht wurden – aus einem amerikanischen Denken heraus, keine kurzfristigen Leistungszahlen, also weg mit dem.
Der deutsche Markt läuft aber anders als der amerikanische. Einige Dinge wollen solide aufgebaut werden. Und die Kunden sind auch genervt, wenn sie alle 6 Monate die selbe Geschichte nochmal von vorne erzählen sollen.
Zum anderen wurde die Suche nach qualifizierten Kandidaten bestenfalls stiefmütterlich behandelt. Mit den Fachkräften wurde nur kurz gesprochen, und ihre Fähigkeiten wurden nicht präzise aufgenommen. Daher war es natürlich schwieriger, die Kandidaten in passende Projekte zu kriegen.
Ich habe dann regelmäßige Gespräche organisiert, übergreifend über alle Niederlassungen, mit den zentralen Fragen:
Welche Kunden haben in welchem Zeithorizont Bedarf an was?
Welche Kandidaten können wir aktuell / zeitnah einsetzen?
AM: Klingt nach sinnvollen Fragen. Und die wurden vorher nicht gestellt?
ML: Nein, vorher war eher Aktionismus.
AM: Und wer es kurzfristig nicht bringt, kann gehen.
ML: Genau.
AM: Was hast Du noch gemacht?
ML: Ich habe auf der einen Seite Beziehungen in den Kundenunternehmen gepflegt und neue Beziehungen aufgebaut mit Unternehmen, die Kunden werden könnten. Dort habe ich künftige Bedarfe für Personal diskutiert.
Außerdem, und das war im Unternehmen wirklich neu, habe ich eine professionelle Recruiterin eingestellt, die Kandidaten sehr gründlich interviewt und kategorisiert hat. Das hat einen enormen Unterschied gemacht. So ist mit der Zeit eine sehr solide Basis an qualifizierten Kandidaten entstanden.
Was im Bereich Personalvermittlung manchmal vergessen wird, gute Kandidaten wollen auch gute Projekte, sie erwarten Verlässlichkeit, Respekt, eine solide Grundlage der Geschäftsbeziehung. Das ist vielfach nicht gegeben.
AM: Unter anderem, weil die Vermittler alle 6 Monate wechseln.
ML: Ja, das auch. Durch das gezielte und gewissenhafte Recruiting hatten wir am Ende mehr Bewerbungen und Kandidaten als die meisten anderen Niederlassungen, obwohl wir eines der kleinsten Vertriebsgebiete hatten.
Wir haben die Entwicklung der Anfragen sehr genau beobachtet und uns im Unternehmen darüber ausgetauscht. Wir haben unsere Märkte definiert und abgegrenzt und die dann gezielt beworben, bei Unternehmen und bei Kandidaten. Das hat das Business sehr voran gebracht.
AM: Was ich spannend finde ist, dass bisher überhaupt nicht von Kennzahlen die Rede war.
ML: Wer rein kennzahlengetrieben arbeitet, insbesondere auf Basis vermeintlicher „Leistungs“-Kennzahlen, der kommt auch nicht weit.
Zunächst sollte man den Geschäftsprozess wirklich verstehen und an den wesentlichen Stellschrauben drehen, so gut man kann.
AM: Exakt. Also gute Fragen an das Unternehmen stellen und mit den Antworten produktiv umgehen.
ML: Zudem wird der menschliche Faktor sehr stark unterschätzt. Die Qualität der Beziehungen bestimmt weitgehend den Erfolg, gerade in der Personalvermittlung.
AM: Ganz genau. Aber was ist mit dem Konzept, wenn ich mehr verkaufen will, stelle ich mehr Verkäufer ein?
ML: Wie Du weißt, funktioniert das meistens nicht, aus verschiedenen Gründen.
AM: Ja.
ML: Zum Einen brauchst Du ja einen Markt, also Kunden, um etwas zu verkaufen. Die Kunden werden ja nicht mehr, nur weil die Verkäufer mehr werden.
AM: Stimmt.
ML: Zum Anderen, wenn Du neue Vertriebler einstellst, nimmst Du effektiv den alten etwas weg, speziell dann, wenn der Markt nun mal begrenzt ist.
Schlauer ist es, den vorhandenen Vermittlern zu zeigen, wie sie es besser machen können.
Außerdem sollte man Hunter und Farmer ökologisch sinnvoll verteilen. Also Neugeschäft und die Pflege des bestehenden Geschäftes sinnvoll aufeinander abstimmen.
AM: Ihr habt damit offenbar eine Erfolgsgeschichte geschrieben.
ML: Das haben wir damals in der Tat.
AM: Und ganz ohne bunte Excels!
ML: Auch das.
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