Es gibt eine interessante Diskussion über den Zusammenhang von Preishöhe und Auftragsgewinnung.
Bei der Preis-Diskussion gibt es diverse Meinungen, wie die Preishöhe sich auf die Auftragslage auswirkt.
Ein Berater sagte mir: Es braucht genau die gleiche Zeit, einen hoch bezahlten Auftrag zu gewinnen wie einen niedrig bezahlten.
Eine andere Argumentation: Je höher mein Preis, desto länger dauert die Akquise – denn wenn etwas teuer ist, denken die Kunden länger nach. Außerdem gibt es insgesamt weniger hoch bezahlte Aufträge als niedrig bezahlte auf dem Markt.
Wieder andere meinen: Hoch bezahlte Aufträge gewinnt man sogar schneller als niedrig bezahlte – denn hinter einem hohen Preis vermutet der Kunde mehr Qualität. Außerdem sind Auftraggeber im höheren Preissegment schnellere Entscheider.
Eine Interimsmanagerin, die ich kenne, hat über mehrere Jahre hinweg folgende Erfahrung gemacht: Für die Gewinnung eines hochbezahlten Auftrages braucht man genau so viel Zeit wie für einen niedrig bezahlten, aber es braucht mehr Sorgfalt und intensivere Vorbereitung auf die einzelnen Treffen mit Entscheidern.
Man hat also im höheren Preissegment eine geringere Anzahl an Kontakten, aber mehr Qualität und mehr inhaltliche Kommunikation pro Kontakt.
Darüber hinaus gibt es weitere Argumente für oder gegen diese Behauptungen.
Die Wahrheit ist: Je nach Branche und Umfeld gibt es eine Vielzahl von Faktoren gibt, die bestimmen, ob eine Auftragsgewinnung schnell oder langsam vor sich geht.
Was z.B. die Auftragsgewinnung beschleunigt:
- Sinnvolle eigene Positionierung am Markt
- Gute eigene Reputation
- Hohe Bekanntheit bei relevanten möglichen Kunden
- Gutes Netzwerk
- Investitionsfreudige Marktstimmung
- Drängend empfundener Bedarf beim Kunden + Budget
Selbstbewusstsein, ja, das ist auch nützlich. Der Selbstbewusste wird sich auf mehr Aufträge bewerben und sich auch vor schwierigeren Einsätzen nicht scheuen. Außerdem wird er bei Verhandlungen stabil bleiben und wird nicht von jedem kleinen Problem irritiert.
Die Preisniveaus unterscheiden sich naturgemäß von Umfeld zu Umfeld.
Als Dozent in der Erwachsenenbildung ist ein Tagessatz von 400 € sehr hoch, im Interimsmanagement fängt man erst bei 500 € an.
Auf der Käuferseite: Zusammenhang zwischen Preis und Qualität?
Kann ich als Einkäufer sicher sein, für einen hohen Preis bessere Qualität zu erhalten?
Auf der Einkaufsseite habe ich keine Korrelation festgestellt zwischen Qualität und Preishöhe.
Manche hoch bezahlte „Experten“ hatten aus meiner Sicht geradezu Negativ-Kompetenz, manche waren hervorragende Problemlöser. Manche waren dazwischen.
Ebenso im niedrigen Preissegment habe ich sehr gute, sehr schlechte und mittelmäßige Problemlöser gefunden.
Der beste Berater für mich persönlich, der mich am meisten weiter gebracht hat, berechnete 850 USD pro Session.
In der Summe über alles fand ich die Qualität im mittleren Preissegment am höchsten. Dort fand ich tendenziell Problemlöser mit hoher Erfahrung, die ihr Umfeld kennen und solide Skills zur Arbeit mitbringen.
Im oberen Preissegment wird oft viel versprochen, aber nicht immer gehalten; hier gilt meine beliebte Formel: je mehr Hype, desto mehr Bullshit.
Aus Sicht des Interimsmanagers: Sind höhere Preise besser?
In den Projekten, wo ich hohe Honorare berechnen durfte, empfand ich als größten Vorteil, dass ich besser und höflicher behandelt wurde und mehr Freiheiten hatte.
Ich wurde dort ernster genommen als in den meisten niedriger dotierten Einsätzen und konnte eher Einfluss auf Prozesse nehmen.
Im niedrigen Preissegment (was als niedrig definiert wird, variiert nach dem Umfeld) kann man als Anbieter schon erstaunlich herablassend behandelt werden, bzw. mein Einsatz wird als Nebensache betrachtet.
Bei einem meiner ersten Aufträge erhielt ich die ersten 2 Wochen lang nicht einmal einen IT-Zugang. Ich konnte überhaupt nichts tun. Netterweise wurde ich trotzdem bezahlt.
In einem anderen Projekt, mit Tagessatz von immerhin 700 € im mittleren Management, war ich der Bereichsleitung offenbar immer noch zu billig. Mein Starttermin war auf einen Tag gelegt, an dem der Bereichsleiter bereits wusste, dass er im Urlaub sein würde.
Mir hatte das aber keiner gesagt. So stand ich in der Pampa vor dem Werkseingang. Ich erhielt aber keinen Werksausweis, da der Bereichsleiter im Urlaub war. Er hatte auch niemanden informiert.
Wenn Sie ab 1.000 € pro Tag kosten, werden solche Erlebnisse seltener.
Mehr annehmen
Der Shiatsu-Lehrer Ohashi (er brachte seinerzeit Shiatsu aus Japan in den Westen) wurde von einem Schüler gefragt, wie viel Geld man für eine Behandlung verlangen sollte.
Ohashi sagte: „Immer so viel wie möglich! So viel, wie der Markt hergibt! Wenn Du mehr Geld bekommst, wirst Du – wenn Du kein Soziopath bist – bessere Arbeit leisten, man behandelt Dich besser – und Du hast mehr Geld!“
Nach meiner Meinung gehört auch eine innere Bereitschaft dazu, mehr Geld anzunehmen – ein Faktor, der, so vermute ich, unterschätzt wird. Die cleverste Preisstrategie nützt mir nichts, wenn meine Psychologie sich dagegen sträubt, mehr anzunehmen.
FAZIT
Der Zusammenhang zwischen Preishöhe und Auftragsgewinnung variiert je nach Umfeld, nach Aufgabe, nach Marktlage, und nicht zuletzt auch nach mir als Person.
Für mich als Interimsmanager sind höhere Preise aus vielen Gründen günstiger. Und wenn ich sie durchsetzen kann, sollte ich das natürlich tun.
Viel Erfolg!
Bild: Vassil, Quelle: wikimedia commons
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