Sind Sie mitunter genervt davon, wenn etwas in Ihrem Einsatz nicht so läuft, wie Sie wollen? Leute tun nicht das, was sie sollen?
Das Extreme Ownership bietet Möglichkeiten, dieses Erleben zu ändern. Es ist eine unbequeme Methode, die viel bewirken kann.
Nein, und auch diese Methode kann nicht alles ändern. Wenn Sie jedoch Extreme Ownership wirklich umsetzen, werden Sie mit den Dingen, die Sie beeinflussen können, genug zu tun haben und auch genügend Einfluss auf das Projektgeschehen ausüben, dass Sie sich substanziellen Respekt erarbeiten, auch wenn nicht alles perfekt funktioniert.
Ein altes Konzept mit gegenwärtigem Nutzen
Extreme Ownership ist ein altes Konzept. Mehr oder weniger lässt es sich bereits bei Marc Aurel herauslesen, und wahrscheinlich wurde es bereits viel früher umgesetzt.
In 2015 wurde das Extreme Ownership populär gemacht durch Jocko Willink und Leif Babin, in ihrem Buch mit gleichnamigem Titel. Die beiden sind US Navy Seals und haben das Konzept des Extreme Ownership zuerst in der Ausbildung von Militär-Offizieren angewendet.
„Extreme Ownership bedeutet, dass der Verantwortliche eines Bereiches sich alles in seinem Einflussbereich zu eigen macht und volle Verantwortung übernimmt. Es gibt keine Ausreden.“ (Jocko Willink, Ausbilder bei den US Navy SEALs)
“In Ihrem Bereich sind Sie für alles verantwortlich. Keine Ausreden.” (J. Willink) Tweet This!
Nach Ende ihrer Dienstzeit gründeten die beiden eine Unternehmensberatung. In ihren Beratungen beziehen sie sich immer wieder auf das Prinzip des Extreme Ownership.
Grundsätzliche Idee ist, dass jeder mit einer verantwortungsvollen Aufgabe für alle Aspekte der Ausführung dieser Aufgabe verantwortlich ist.
Ja, ich kann das Wetter nicht beeinflussen. Ich kann auch die thermischen Gesetze an sich nicht ändern oder die Raumkrümmung.
Und ich kann innerhalb meines Aufgabenbereiches sehr viel beeinflussen. Wenn ich meine Perspektive ändere und nach dem suche, was ich steuern kann, komme ich auf sehr viele produktive Ideen.
Willink und Babin machten über mehrere Jahre hinweg die Erfahrung, dass diejenigen, die Verantwortung übernahmen, auch wenn es unbequem war, langfristig bessere Ergebnisse lieferten als diejenigen, die im Beschuldigen Anderer verharrten oder schlicht Probleme ignorierten.
Wann Übertreibung einen Nutzen hat
Disclaimer: Ich halte nichts von Krieg. Aus meiner Sicht sind die Kriege der letzten 100 Jahre rein wirtschaftliche Unternehmen im Interesse von sehr kleinen Gruppen, die es immer wieder schaffen, Truthähne dazu zu bringen, für Weihnachten zu stimmen.
Und: In extrem belastenden Situationen werden gute Praktiken entwickelt, von denen viele auf andere Situationen übertragbar sind. Wenn es etwas Nützliches zu lernen gibt, bin ich dabei.
Willink und Babin sind bereit, sehr weit reichende Verantwortung zu übernehmen.
Jocko Willink beschreibt eine militärische Operation, bei der deutlich erkennbar ist, dass andere Leute eine Menge schlimmer Fehler gemacht haben. Die Operation scheitert kläglich, es gibt einen Toten und mehrere Verwundete, jeweils beschossen von den eigenen Leuten in einer höchst unübersichtlichen Situation.
Willink könnte nun anderen die Schuld geben, um selbst gut auszusehen.
Stattdessen eignet er sich alle Aspekte der Verantwortung an, da er der Leiter des Einsatzes ist. Der Funker hat präzise Ortsangaben nicht weitergegeben? Weil er als Einsatzleiter ihm dies nicht eindeutig angewiesen hat.
Taktische Manöver wurden nicht abgestimmt? Weil er als Einsatzleiter dies nicht vorher besprochen hat und nicht vorher mit allen beteiligten Einheiten konferiert hat.
Erscheint das übertrieben?
Willink übernimmt vor seinen Gefolgsleuten und vor seinen Vorgesetzten die volle Verantwortung für das Scheitern der Operation und riskiert somit, mindestens degradiert zu werden, wenn nicht unehrenhaft entlassen.
Das passiert nicht. Seine Gefolgsleute ihrerseits übernehmen mit großer Klarheit ihren Anteil an der Verantwortung. Die Vorgesetzten respektieren sein Verantwortungsbewusstsein. Willink behält seinen Posten.
Wenn Sie wirklich, tatsächlich, Verantwortung übernehmen und nicht nur so tun, dann werden Sie respektiert werden und man wird weiterhin mit Ihnen arbeiten wollen, auch wenn Sie scheitern.
Wie viele Menschen übernehmen tatsächlich Verantwortung und reden nicht nur daher? Wie selten ist solch eine Handlungsweise?
Wie begehrt werden Sie sein, wenn Sie genau so handeln?
Ja, und es wird Situationen geben, wo man Ihr Anerkennen von Verantwortung als „Schuldeingeständnis“ wertet und Sie feuert.
In meiner eigenen Projekterfahrung seit 1998 sind diese Situationen sehr selten. Speziell das mittlere Management, in dem ich mich hauptsächlich bewege, besteht größtenteils aus sehr vernünftigen und realistischen Leuten.
Wie nutze ich das Konzept produktiv für mich?
Ich nehme zunächst die innere Haltung ein, dass alles, was in meinen Aufgabenbereich fällt, meiner Verantwortung unterliegt.
Durch diese Haltung beginne ich bereits, mein Umfeld anders wahrzunehmen. Ich sehe mehr Möglichkeiten, Verantwortung zu übernehmen und auszuüben.
Wenn andere etwas tun, was meine Aufgabe unnötig erschwert, ist es an mir, pro-aktiv und konstruktiv auf diese anderen zuzugehen und so gut ich kann, Veränderungen herbeizuführen. Wenn ich tatsächlich pro-aktiv und konstruktiv BIN und nicht nur so tue, wird das in den meisten Fällen auch klappen.
Es liegt in meiner Verantwortung, dass Räume für Meetings so gut vorbereitet sind, wie es geht. Es liegt in meiner Verantwortung, dass die Teilnehmer so gut vorbereitet sind, wie es geht.
Das Gelingen meiner Aufgabe liegt in meiner Verantwortung.
Ja, es gibt Aufgaben, die sind nicht lösbar. In dem Fall liegt es in meiner Verantwortung, dies schnell zu erkennen und zurückzumelden.
Besser spät gelernt als nie
Ich selbst habe das Konzept zwar bereits 1995 kennengelernt, aber erst sehr viel später begonnen, es in Aktion zu bringen. Viele Jahre lang habe ich in Projekten gearbeitet, ohne mir wirklich umfassende Verantwortung anzueignen.
Die Ergebnisse waren streckenweise entsprechend.
Ich erinnere besonders ein Projekt in Sachsen in 2009, unter dem ich seinerzeit schlimm gelitten habe, bis ich krank wurde. Aber warum? Rückblickend kann ich sagen, dass mir ein Teil des fachlichen Fundamentes fehlte und dass meine Kommunikation zwar nicht furchtbar war, aber auch nicht sehr kraftvoll.
Ich hatte auch nicht die Haltung, mir selbst die Verantwortung anzueignen. Ich habe nicht offen und theatralisch-dramatisch, aber versteckt, anderen die Verantwortung zugeschoben.
Um ein rechnerisches Problem zu lösen, hockte ich nächtelang im Büro und verglich haufenweise Aufstellungen und Tabellen miteinander. Im Hotel ging es weiter mit konzeptionellen Überlegungen. Ich war also nicht untätig oder faul.
Das Problem war aber, dass ich mich nicht als verantwortlich betrachtete. Das war vermutlich der Grund, warum ich das Problem nicht lösen konnte. Es wurde schließlich gelöst von einer sehr entspannten Kollegin.
Überall, wo ich mir umfassende Verantwortung zu eigen gemacht habe, lief es gut bis sehr gut. Dies gilt für viele andere Projekte.
Vorschläge für die präzise Anwendung
Wie an anderer Stelle ausgeführt, die Qualität meiner Arbeit lebt in hohem Maße von der Qualität meiner Fragen. Deshalb hier ein paar Vorschläge für hoffentlich gute Fragen:
Fachliche Vorbereitung
Habe ich die volle Verantwortung übernommen für den fachlichen Teil des Projektes? Kann ich mein Zeug?
Kommunikation
Kommuniziere ich so gut ich kann optimal mit allen Projektteilnehmern? Habe ich da volle Verantwortung übernommen?
Konzept
Habe ich volle Verantwortung übernommen für das Konzept?
Ergebnisse
Habe ich volle Verantwortung übernommen für die Ergebnisse und Zwischenergebnisse? Wissen das alle Beteiligten?
Fazit
Der Ansatz des Extreme Ownership hilft mir, Verantwortung wahrzunehmen und dann zu übernehmen. So erweitere ich meinen Horizont und meinen Wirkungskreis.
Wer wirklich Verantwortung übernimmt, wird von Auftraggebern begehrt sein.
Wer nur so tut, wird in anderen Umfeldern auch begehrt sein.
Insofern:
VIEL ERFOLG!
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Bild: Comanche War Chief von George Catlin, 1832, gemeinfrei; Quelle: Wikimedia Commons
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